Donnerstag, 18. September 2014

2014-09-17 Etappe 15 Creglingen-Bad Mergentheim




Ich bin ein großer Freund von Suppe. Insbesondere in Peppinos Stracciatella alla Romana könnte ich mich reinlegen. Aber die Suppe, die ich um 7.00 Uhr nach dem Aufstehen beim Blick aus dem Fenster sah, die gefiel mir gar nicht. NEBEL mit Sichtweite von etwa 70 Metern deckte die Landschaft ein.

Als ich aber mich aber um 9.00 Uhr auf meinen Weg machte, blickte ich bereits in einen stahlblauen Himmel. Ein kurzes Stück liefen mein "alter" HW4 und mein neues Begleitzeichen noch parallel, dann hatte ich nach etwa 370 km den Hauptwanderweg Main-Donau-Bodenseeweg endgültig hinter mir gelassen.
Die Sonne sollte den gesamten Tag herab brennen, aber der Nebel hatte die Wiesenwege entlang von Naturstein-Trockenmauern, die hier vor Jahrhunderten in mühevoller Arbeit aufgebaut worden waren, noch deutlich durchnässt. Und in den Wiesen sah man wieder die kleinen Kunstwerke, die dem Auge verborgen bleiben, wenn die Sonne die Tautropfen aufgesogen hat.

Auf den Weg musste man kaum achten, denn er war dermaßen perfekt bezeichnet, dass ein Verlaufen praktisch unmöglich war. Teilweise fanden sich sogar Wegzeichen in den Boden eingelassen.

Und immer wieder gab es Hinweise darauf, wie viel der Strecke schon bewältigt war und wie weit der Weg noch bis zum Ziel war. Vorbildliche Arbeit des Schwäbischen Albvereins in diesem Segment!

Wald- und Feldanteile hielten sich auf dem hügeligen Weg die Waage.
Bisher gab es keinen Tag, an dem sich nicht irgendetwas entwickelte, das mir wehtat. Heute schmerzte die laterale (seitliche) Seite an der rechten Schienbeinkante, die von Zeit zu Zeit bedenklich zockte. Werner Kramer kann ein Lied davon singen. Wer ist Werner Kramer? Ich lernte ihn vor einigen Wochen kennen. Er stammt aus Hürth, der Stadt, in der ich selbst über 20 Jahre gelebt habe. Werner hatte vor einem Jahr die gleiche Idee wie ich. Auf "Werners Wild Walk" ging auch er vom Bodensee nach Köln, nur auf einem anderen Weg und der führte 680 km am Rhein entlang. Auch er sammelte Spendengelder, indem er gegen einen kleinen Obolus Selfies mit sich und anderen Personen fotografierte und die über Facebook ins Netz stellte. Diese Spenden gehen über ET KÖLSCHE HÄTZ an genau den gleichen Förderverein wie die Spenden für ZO FOOSS NO KÖLLE. Viele Zufälligkeiten auf einmal. Zufällig war ich auch auf seine Aktion aufmerksam geworden, traf Werner, bevor er seinen Wild Walk begann, in Lindau und lernte ihn kennen, als wir nach seiner Ankunft einen sonnigen Nachmittag verbrachten. Und Werner plagte in den letzten Tagen vor seiner Ankunft in Köln genau dieses Problem mit der Schienbeinkante.
Werner Kramer aus Hürth

Ich setzte meine Hoffnungen für ein gutes Bewältigen der bevorstehenden Strecke auf 150 mg Diclo aus der Bordapotheke und die halfen auch wirklich.
Überall war die Ernte in vollem Gang. Eine Erntemaschine, hier bei der Knollenernte            (Zuckerrüben) wurde auf freiem Feld frisch betankt. Knollen, das erinnert mich an Angelsdorf und an den Geruch der Zuckerfabrik um diese Jahreszeit in Elsdorf. Weit über Elsdorf hinaus wehte dieser so typische Geruch über das Land meiner Kindheit. Genau so, wie jedem Tettnanger der Geruch des Hopfens gegenwärtig ist.


Ich passierte einen Bereich, wo mir bereits von Weitem eine nicht enden wollende mannshohe Mauer auffiel. Mir kam es vor, als gehöre sie zu einem riesigen alten Landgut, das irgendwann einmal in der Vergangenheit mit diesen Mauern abgegrenzt worden war. Mein Weg führte immer näher an die Mauer heran, bis ich schließlich vor einem riesengroßen Portal stand. "Wildruhegebiet" stand auf den Portal zu lesen, geöffnet bis 17.00 Uhr, also noch 2 Stunden. In die Mauer war ein kleineres Tor neben dem Portal eingelassen. Diese kleine Türe war verschlossen, aber mein Weg ging laut Plan da durch! Was sollte ich jetzt tun? Die einzige Möglichkeit bestand darin, außen herum zu laufen. Wütend über den Umweg auf dieser ohnehin schon bisher längsten Etappe meiner Reise donnerte ich mit beiden Fäusten gegen die Tür und da öffnete sie sich. Sie hatte nur geklemmt.
Ich trat ein in eine Art von Parklandschaft mit einer schnurgeraden Allee, die allmählich auf eine Höhe führte und hinter der Kuppe ging es in gleicher Manier wieder abwärts in Richtung auf ein kleines Gebäude, das aussah wie ein kleines Jagdschlösschen. Bei meiner Annäherung brach ein wütendes, nicht enden wollendes Gebell los. Um dieses Minischlösschen herum gab es gottlob eine 180-Grad-Einzäunung, die mich von zwei wild umherlaufenden, laut bellenden Jagdhunden trennte. Links und rechts dieser Einzäunung schloss sich die Mauer an.

Ich hätte eigentlich das Tor, an dem die Hunde Wache standen, öffnen müssen, den eingezäunten Bezirk durchschreiten und auf der anderen Seite durch ein zweites Tor heraustreten müssen. So aber hatte ich mich selbst innerhalb des weitläufigen Parks mit seiner Mauer gefangen, der Weg nach draußen war durch die beiden Hunde versperrt.
Blieb also nur der Weg über die mannshohe Mauer. Zunächst musste eine geeignete Stelle gefunden werden. Ich brauchte einen Trittpunkt und irgendetwas, an dem ich mich halten konnte. Ein Weißdornbusch bot mir den geeigneten Haltepunkt. Also erst einmal alles bruchfest verstauen, -kam denn immer noch niemand, der die wütenden Hunde da wegnahm? - nein, kam nicht! - dann den festen Griff nehmen, nochmals die Trittfestigkeit prüfen und dann mit etwas Schwung hinauf auf die Mauer. Mein Rucksack haute mich mit diesem Schwung fast auf der anderen Seite gleich wieder herunter, fast. Nun war ich erst einmal oben, aber auf dem Weg hinunter wollte ich auch keine Verletzung riskieren.

Die einzige Möglichkeit, die mir in dieser Hinsicht Erfolg versprach, führte an den Hunden vorbei über die Mauer zum Außentor, wo sich ein Geländer zum Hinabsteigen anbot.
Die Hunde lenkte ich mit einem Ast ab, den ich in die abgewandte Richtung warf und dem beide kurz nachschauten. Diesen Moment nutzte ich für einen kurzen 10 m-Sprint und bevor die Hunde ihren Kopf über die Mauer strecken konnten, auf der ich lief, war ich am Tor, auf dem Geländer und unverletzt auf der gewünschten Seite unten auf dem Kiesboden.

Die relativ friedlichen Bilder täuschen, es war ein etwa 10-minütliches Zähnefletschen und wütendes Bellen. Trotzdem, lieber Jürgen, habe ich Deinen Rat befolgt und nicht zum Pfefferspray gegriffen, obwohl ich zugeben muss, dass mich ein Live-Test schon gereizt hätte. Aber die armen Tiere haben auch nur ihre Pflicht getan.
Der Anblick, den ich später genießen durfte, beruhigte und entschädigte mich wieder ein wenig.

Fruchtig und lecker und sicher nicht die letzten auf meinem Weg.

Kurz nach dem Karlsberg mit den Jagdhunden erreichte ich Weikersheim und erinnerte mich, dass ja der Weg das Ziel ist und ich bog kurz vom Weg in die historische Altstadt ab. Es war ja ein richtiger Sommertag, so, wie wir ihn im Süden in diesem Jahr selten erleben durften und ich erlaubte mir nochmals einen Eiscafe. Wer weiß, wie lange diese Wetterlage noch anhält?!

Ich kam mit den Leuten an den Nachbartischen ins Gespräch und als ich wieder aufbrach, fütterten sie, zusammen mit der chinesischen Chefin des Hauses mein Kässchen. Die ersten Deutschen!
Auf dem weiteren Weg begleitete mich der Geruch vergärenden Obstes, das meinen Weg bedeckte.

Nach 8 1/2 Stunden erreichte ich das Ziel dieser bisher längsten Tagesetappe.

Geometrische Daten : N. 49* 29'24". E. 09* 46'53"
Strecke : 33,97 km. Gesamt : 401,54 km
Höhenmeter aufwärts : 724 m. Gesamt : 5744 m
Höhenmeter abwärts. : 795 m. Gesamt : 6027 m
Hotel Bundschuh in Bad Mergentheim spendet 50 €

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