Freitag, 5. September 2014

2014-09-05 Etappe 04 Gutenzell-Regglisweiler








7.00 Uhr, wie jeden Tag werde ich pünktlich mit Musik von Andrew Lloyd Webber geweckt. "Trübe Aussichten" denke ich beim Blick aus dem Fenster. Dichter Nebel!! Die Wetterapp warnt: In Baden-Württemberg teilweise Nebel mit Sichtweiten unter 150 m. Und ausgerechnet da muss ich sein! Na ja, et kütt wie et kütt.
Beim Frühstück werde ich reichlich entschädigt. Eine phantastische Auswahl beim Frühstücksbüffet im Klosterhof, aber die Krönung ist der beste Obstsalat der Welt, mit einer Vielzahl an verschiedenen Früchten, die ihresgleichen sucht, und alles ganz frisch, was ja selbstverständlich sein sollte, aber leider nicht ist. Da lässt man sich doch gerne etwas mehr Zeit, die heutige Etappe ist ohnehin nicht so ewig lang und so kam ich erst um 10.00 Uhr los. Mit dem erfreulichen Nebeneffekt, dass sich inzwischen die Sonne durch den Nebel gekämpft hatte.
Die heutige Strecke verläuft zu 80% durch den Wald, sodass die Sonne nicht allzu sehr auf der Haut brannte, es war angenehm kühl. Trotzdem konnte ich mich kurzärmelig bewegen ohne zu frieren. Der Nebel hatte auf Tausenden von Spinngeweben kleine Kunstwerke geschaffen.
Ich habe keine Erklärung, warum, aber mir ging den ganzen Vormittag "et Kackleed" von De Bläck Fööss durch den Kopf. Ich fand keine Erklärung, wieso, aber so wie bei meiner Generalprobe im Juli, begann mein Kopf am zweiten Tag, an dem ich alleine unterwegs war, zu arbeiten. Damals war es die Schulzeit, die mir durch den Kopf ging, aber was war das jetzt? Begann mein Kopf jetzt wieder, in der Vergangenheit zu wühlen und fing erst mal mit der analen Phase an, um sich später zu den Sinnfragen des Lebens im Hier und Jetzt durchzukämpfen? Da bin ich aber mal gespannt!

Bei diesen Reflektionen fiel mir dann doch auf, dass ich meine Rennpferdmentalität immer noch nicht so recht abgelegt hatte. Ich hatte einen ordentlichen Schritt drauf und war damit beschäftigt, zu berechnen, wann ich wohl ankommen würde. Ich hatte mir doch fest vorgenommen, das Momentane bewusst zu erleben und zu genießen. Ich nutzte diese Bewusstseinserleuchtung, verließ den Schotterweg und bewegte mich über den moosweichen Waldboden. Ein herrliches Gefühl!! So hätte ich ewig weiter laufen und dazu den Duft des Harzes bewusst wahrnehmen und genießen können!
Marzipankartoffeln erinnerten mich daran, dass es nach meiner Reise nicht mehr lange bis Weihnachten sein würde.
So trat ich dann irgendwann wieder aus dem Wald heraus und das Illertal lag vor mir. Was ich am 24.07. auf der gegenüberliegenden Seite der Iller für Weissenhorn gehalten hatte, war das Schloss Illertissen, wie mich ein netter Radfahrer aufklärte.
In dieser Gegend ist es weit verbreitet, außen an die Häuser zu schreiben, wer drinnen wohnt, und zwar nicht einfach bei der Türklingel, sondern so richtig fett auf die Mauer:
Das ist theologisch übrigens eine hochinteressante Geschichte: In den frühen Jahren des Christentums war es ja mit der Bildung breiter Bevölkerungsschichten nicht weit her, Schulen gab es nicht, aber man konnte bis 3 zählen. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Priester und Mönche der damaligen Zeit es gerade mal schafften, ihren Schäfchen die Dreifaltigkeit zu erklären. Darüber hinaus war es aber mit der Vorstellungskraft in punkto Zahlen nicht besonders weit her und so ließ man die Schäfchen über die wahren Verhältnisse im Himmel im Unklaren. In Wahrheit nämlich waren Gott Vater selbst, ebenso wie Jesus und der Heilige Geist, jeder für sich, nochmals dreigeteilt. Das konnte man natürlich nicht weiter verbreiten, denn der Zahlenraum bis 9 war ja jenseits des damaligen Vorstellungsvermögens und das 1x1 noch nicht erfunden. Alles zu erzählen würde jetzt viel zu weit führen, aber bei Gott Vater war es so: Als er die Welt erschuf, war ihm bei der Erschaffung Schwabens ein Riesenmalheur passiert - vermutlich Eingabefehler bei der Programmierung - aber, da es bereits spät war und er noch Asien und Afrika machen musste, konnte er sich darum nicht kümmern und er behalf sich, indem er sich einfach klonte, damit sich sein Klon um dieses Problem kümmern könnte. Also sagte er, während er sich um die Erschaffung Asiens und Afrikas kümmere, solle sein Klon sich ausschließlich mit Schwaben beschäftigen. "Und wer bin ich jetzt?" fragte der Klon. "Du bist Ich" sagte der Herrgott, "aber dass eines klar ist, der Chef als Herrgott bin ich" und um die Rangfolge zu untermauern, sprach er: "du bist halt s' Herrgöttle" und fügte hinzu:  "I nur regier, I" (dass das klar ist!) Dieses Zitat ist in Fragmenten übrigens häufig an den vielen, vielen Wegkreuzen zu sehen, die ich bisher passiert habe. Überall sind die Anfangsbuchstaben des Zitates zu sehen: INRI. (I Nur Regier, I) Und so ging s' Herrgöttle hin, stellte in Schwaben erst mal alles auf Null und erschuf das Land von Grund auf neu. Wunderschön, was ja auch klar ist, denn er hatte ja nichts anderes zu tun als sich nur um diesen kleinen Bereich der Welt zu kümmern.

Aber auch ihm lief bei der ausgefeilten Akribie, mit der er das Schwabenland schuf, irgendwann die Zeit weg und er merkte, er würde es allein nicht ganz schaffen, wenn er nicht seine filigrane Technik opfern wollte, mit der er das Schwabenland schuf. Er tat es seinem Chef-Ich gleich und auch er klonte sich noch ein weiteres Mal. Die ganze Geschichte wiederholte sich, nur beim Namen und der Hierarchie hatten sie ein Problem, denn Herrgöttle-le hört sich selbst für einen Schwaben doof an. Und da er ihm den Kreis BC zugewiesen hatte, sprach er: "Du bist halt s' Herrgöttle von Biberach". Und so kommt es, dass die Schwaben, um klarzustellen, wer gemeint ist, und um ihn nicht das Gefühl der Drittklassigkeit spüren zu lassen, ihm noch ein schmeichlerisches Attribut verpasst haben, wenn sie ihn anrufen und sagen: "Du liabs Herrgöttle von Biberach!"
Kurz vor dem Ziel lief ich in die einzige Gewitterzelle, die sich in Süddeutschland finden ließ, aber bevor sie ihren Regen abwarf, hatte ich meine heutige Bleibe erreicht, dem Herrgöttle sei Dank!

Da ich auf Schleichwegen, also ohne Ortsschild den Beherbergungsort Regglisweiler erreichte und auch wieder verließ, konnte Hennes halt ersatzweise nur das Schild des Nachbarortes "besetzen".


Geometrische Daten : N. 48* 14'29''. E. 10*03'34''
Strecke : 22,782 km. Gesamt : 106,302 km
Höhenmeter aufwärts : 280 m. Gesamt : 1470 m
Höhenmeter abwärts. : 376 m. Gesamt : 1468 m

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