Samstag, 4. Oktober 2014

2014-10-03 Etappe 30 Stromberg-Bacharach




Nach dem unvergesslichen Abendessen bei Johann Lafer fiel es gehörig schwer, wieder in den Alltag mit 13 kg auf dem Rücken zurückzufinden. Aber trotz des Gourmet-Verwöhn-Erlebnisses hatte die Normalität mich sehr schnell wieder. Zunächst wieder auf selbstgeplanten Pfaden, bis ich Anschluss an den RheinBurgenWeg fand der mich nun eine Weile lang führen soll.

War ich bisher auf meiner gesamten Strecke insgesamt 4 Wanderern begegnet, so änderte sich das Bild am heutigen Feiertag mit sommerlichen Temperaturen. Heerscharen von Familien, Einzelpersonen und ganze Kindergruppen begleiteten mich plötzlich oder kamen mir entgegen in einem Kerbtal mit ungezählten kleinen Brücken. Ein Paradies für Kinder! Baumgeisterweg nannte sich die Strecke, wie ich später erfuhr. Eine Geburtstagsgruppe von Kindern lernte gerade Blätter und Rinden einzelner Baumarten zu unterscheiden.








Kurz darauf traf ich auf einen Waldschrat, den die Kinder später aufwecken würden und mit ihrem gerade gelernten Baumwissen sollten sie ihn von einem Fluch erlösen!

Nach etwa 3 Stunden bekam ich ihn zum ersten Mal seit Worms wieder zu Gesicht, den Vater Rhein. Jetzt aber in das eng gewundene Tal gezwängt, das er sich selber gegraben hatte.

Und warum mein jetziger Weg RheinBurgenWeg heißt, bekam ich auch sofort zu sehen.

Nach Trechtinghausen war ich gekommen und damit auf Augenhöhe mit dem Rhein. Ich hätte auch auf der Höhe weitergehen können, aber ich wollte unbedingt runter an den Fluss. Der Nachteil, den ich mir damit einhandelte, war, dass ich wieder mal wegen eines Steinbruchs zunächst einmal für etwa einen Kilometer an der B9 entlanglaufen musste. Auf einem 20 cm breiten Streifen, eingezwängt zwischen der vielbefahrenen Schnellstraße und der linksrheinischen Eisenbahnlinie. Ob das gestattet ist, will ich gar nicht erst wissen.

Nach diesem etwas kriminellen Kilometer gab es jedoch dann endlich auf der anderen Straßenseite eine Möglichkeit, wieder nach oben, etwas abseits der Straße zu kommen. Aber weit kam ich nicht, dann war der Weg einfach mit einem Gitter abgesperrt. Links und rechts ein großer Zaun.

Ich hatte keine andere Wahl, als dem Zaun folgend den Bereich, der eingezäunt war, zu umgehen. Und bald sah ich auch den Grund für diese Maßnahme. Die Schwarzkittel hatten wieder ihre verräterischen Spuren bis dicht an den Zaun hinterlassen. Der Weg wurde immer schwieriger begehbar und irgendwann landete ich bei einer morastigen Suhle, durch die ich hindurch musste, ob ich nun wollte oder nicht. Nach der nächsten Kurve stand ich wieder vor einem verschlossenen Gatter. Zurück die ganze Strecke? Niemals! Dieses Mal waren die beiden Flügel nur mit einer Schnur zusammengebunden worden. Also aufknüpfen, durch und wieder zuknüpfen.

Da der Hunsrück sich hier mit seinen Bergrücken immer senkrecht zum Rhein stellt und bis ans Ufer des Flusses heranreicht, zwängen sich die Dörfer in die engen Seitentäler.


Will man von einem Ort am Ufer des Rheins zum nächsten, so hat man nur die Möglichkeit, am Ufer entlangzugehen mit der Sandwich-Situation zwischen Straße und Eisenbahn. Oder man müsste weiter abseits vom Ufer extrem steil auf und ab in der Direttissima gehen, was aber unmöglich ist. Die dritte Variante ist die, dass man sich in die Quertäler hineinbegibt und sie einigermaßen auf Höhe bleibend abläuft. Das kostet Kilometer, ist aber die einzige akzeptable Version. Auf der heutigen Strecke entlang des Rheins traf mich dieses Schicksal fünf Mal.
Dabei hat man immer wieder schöne Ausblicke.

Die Weinberge sind hier so steil, dass keine Maschinen zum Einsatz kommen können und alles von Hand gelesen werden muss.

Heute bildete sich die insgesamt fünfte Blase, dieses Mal an der rechten Ferse. Soviele hatte ich bei meiner Generalprobe im Juli bereits nach drei Tagen.
Nach 7 1/2 Stunden erreichte ich nach einem steilen Abstieg mein heutiges Ziel Bacharach. Wieder kam ich durch den Hintereingang. Und als ich mich auf die Suche nach dem Ortsschild machte, musste ich feststellen, dass Hennes mir unterwegs ausgebüxt war. Ich bin darüber sehr traurig.
Ortsschild von Bacharach - ohne HENNES I.


Geometrische Koordinaten : N 50* 03'29". E 07* 46'08"
Strecke : 28,787 km. Gesamt : 755,335 km
Höhenmeter aufwärts : 694 m. Gesamt : 12863 m
Höhenmeter abwärts :  883 m. Gesamt : 13271 m




Kontrastprogramm zum Vortag


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In tiefer Trauer beklage ich den Fortgang meines geliebten, geschätzten, unvergessenen treuen Wegbegleiters und Freundes
HENNES I.
der uns vermutlich am frühen Abend des Tages der Deutschen Einheit für immer verlassen hat.
Es gilt zwar noch der Vermisstenstatus, jedoch ist es für alle, die ihn kannten, schwer vorstellbar, dass er hinter mir her laufen wird. In dieser Hinsicht war er schon immer etwas unbeweglich und wollte in der Regel getragen werden. Oft ließ er sich sogar hängen.


Trotz allem hat er entgegen seiner Natur niemals gemeckert.
 
Ich werde ihm immer ein ehrendes Gedenken schenken und ihn besonders an jedem Ortsschild schmerzlich vermissen.
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Am Morgen des 04.10.2014 machte ich mich bereits um 7.30 Uhr auf den Weg, um den Kilometer, auf dem mir Hennes abhanden gekommen war, noch einmal genauestens zu inspizieren. Da erst wenige Menschen auf der Straße waren, konnten sich auch nur wenige amüsieren über einen alten Opa auf der Suche nach einem Stofftier. Aber alles Suchen, alles Bücken unter jedes Auto half nichts.
HENNES I. wor fott.


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